Wenn von Menschen gesprochen wird, die gerade erst ein Unternehmen gegründet haben, werden verschiedene Bezeichnungen verwendet: Neugründer, Jungunternehmer, Startup oder Neue Selbständige. Ein Missverständnis.
Berufstätig ohne Interessensvertretung
Das Neue in Neue Selbständige bezieht sich nicht auf den Zeitfaktor, sondern auf eine Gruppe von Tätigkeiten, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Dazu gehören Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Vortragende, selbständige Krankenpfleger, Hebammen oder Wissenschafter, sowie selbständige Psychologen und Psycho- oder Physiotherapeuten. Auch wer auf Werksvertragsbasis tätig und nicht Mitglied bei der Wirtschaftskammer ist, gehört zu den Neuen Selbständigen.
- Weil Neue Selbständige keinen Gewerbeschein besitzen, sind sie auch keine Mitglieder der Wirtschaftskammer. Allerdings müssen Sie sich bei der SVS versichern.
- Während Unselbständigen die Arbeiterkammer und Selbständigen mit Gewerbeschein die Wirtschaftskammer zur Seite steht, haben Neue Selbständige keine Interessenvertretung, an die sie sich wenden können. Dafür zahlen sie auch keine Kammerumlage.
Richtig versichert als Neuer Selbständiger
Neue Selbständige sind für die Zahlung ihrer Versicherungsbeiträge an die SVS selbst verantwortlich.
- Versicherungspflichtig ist, wer ein Bruttoeinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze, also von mehr als rund 5.370 Euro (Wert 2020) pro Jahr hat.
ACHTUNG: Bruttoeinkommen bedeutet: alle Einnahmen minus der betriebsbedingten Ausgaben, SVS-Beiträge dürfen aber NICHT als Ausgabe abgezogen werden.
Ob Sie nebenbei auch in einem Angestelltenverhältnis tätig sind, ist dabei unerheblich. Als Grundlage für die SVS gilt Ihr Einkommen aus selbständiger Tätigkeit – also alles, wofür Sie Honorarnoten geschrieben haben.
- Meldepflicht: Wenn Sie der SVS Ihre Versicherungspflicht nicht melden und Ihr Einkommensteuerbescheid ein Bruttoeinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze von rund 5.370 Euro (Stand 2020) ergibt, müssen Sie die Versicherungsbeiträge nachzahlen und zusätzlich einen Zuschlag von 9,3 Prozent! Verhindern lässt sich das, in dem Sie der SVS innerhalb von acht Wochen, nachdem der Einkommensteuerbescheid ausgestellt wurde, die Überschreitung melden.
- Ihr Ermessen: Wenn Sie bereits zu Beginn Ihrer Tätigkeit davon ausgehen, dass Sie die Versicherungsgrenze überschreiten werden, können Sie das der SVS melden und zahlen ab dem Moment Beiträge zur Pflichtversicherung. Umgekehrt können Sie aber auch jederzeit melden, dass Sie die Versicherungsgrenze nicht erreichen und aus der Pflichtversicherung aussteigen.
- Versicherungssätze: Für Neue Selbständige, die Pflichtversicherungsbeiträge zahlen, gelten dieselben Versicherungssätze, wie für alle anderen Versicherten:
– 6,80% Beitragssatz für die Krankenversicherung,
– 18,50% Betragssatz für die Pensionsversicherung
– 1,53% für die Selbständigenvorsorge
In Summe also ca. 28 Prozent.
Dazu kommen noch 10,09 Euro monatlich für die Unfallversicherung.
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Steuerpflicht für Neue Selbständige
Neue Selbständige sind einkommensteuerpflichtig, müssen also jedes Jahr eine Einkommensteuererklärung abgeben.
- Tun Sie dies schriftlich, ist Ihr Abgabetermin der 30. April des Folgejahres.
- Machen Sie Ihre Erklärung online, haben Sie bis 30. Juni des Folgejahres Zeit.
- Wenn Sie durch einen Steuerberater vertreten werden, kann sich die Frist für die Abgabe noch einmal wesentlich verlängern.
Sobald Sie mit Ihrer selbständigen Tätigkeit beginnen, müssen Sie beim Finanzamt eine Steuernummer beantragen. Zuständig ist immer das jeweilige Wohnsitzfinanzamt.
Ob Sie Umsatzsteuer zahlen müssen oder nicht, richtet sich nach Ihrer Einkommenshöhe:
- Wenn Sie unter 35.000 Euro Jahresumsatz haben, sind Sie durch die sogenannte Kleinunternehmer-Regelung von der Umsatzsteuer befreit. Das sollten Sie auch auf Ihren Honorarnoten so vermerken.
- Sie können allerdings jederzeit freiwillig Umsatzsteuer abführen. Dann erhalten Sie vom Finanzamt eine UID-Nummer und müssen dann für die nächsten fünf Jahre Umsatzsteuer zahlen, können aber auch Vorsteuer abziehen.
Neue Selbständige vs. Freie Dienstnehmer
Nicht zu verwechseln sind die Neuen Selbständigen mit den Freien Dienstnehmern, die im österreichischen System ebenfalls eine Sonderstellung einnehmen.
Freie Dienstnehmer werden bei der Österr. Gesundheitskasse versichert und müssen sich um Versicherungszahlungen nicht kümmern. Sie erhalten auch einen Dienstzettel oder einen freien Dienstvertrag. Allerdings sind sie einkommensteuerpflichtig und müssen ebenfalls am Jahresende eine Steuererklärung abgeben.
- Ein wesentlicher Unterschied ist auch, dass Freie Dienstnehmer in der Regel ihre eigene Arbeitskraft einsetzen, während Neue Selbständige auch andere für sich arbeiten lassen können.
- Freie Dienstnehmer bekommen Arbeitsmittel vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt, während Neue Selbständige ihre eigenen Betriebsmittel verwenden, also ihr eigenes Büro besitzen und nicht in den Räumlichkeiten des Auftraggebers tätig sind.
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