Isolation – das kann durchwegs verlockend klingen. Kein Telefon, das dauernd klingelt, keine Termine bei Arzt, Steuerberater oder Schwiegermutter, keine lärmenden Kollegen, laute Musik aus der Nachbarwohnung, keine Baustelle vor der Türe. Einfach bloß Arbeiten in wohltuender Abgeschiedenheit und danach acht Stunden durchschlafen. Ja, man wird bescheiden, auch bei seinen Träumen.
Der Kandier Chris Bailey hatte einen außergewöhnlichen Traum. Nach seinem Universitätsabschluss wurden ihm zwei lukrative Marketing-Jobs angeboten, er entschied sich jedoch für die Selbstständigkeit – und für seine Leidenschaft: Produktivität.
Ein Jahr im Selbstversuch
Bailey nahm sich ein ganzes Jahr Zeit, um sich Experimenten und der Lektüre zu diesem Thema zu widmen. Seine Erkenntnis veröffentlichte er auf seinem Blog A year of Productivity. Sein Buch The Productivity Project: Accomplishing More by Managing Your Time, Attention, and Energy (Verlag: Crown Business) wird gerade ins Deutsche übersetzt.
Von der stressigen 90-Stunden-Woche über Meditation und körperlicher Ertüchtigung in den Pausen bis hin zu absoluter Isolation – Bailey hat alles ausprobiert, was der Arbeit ohne Ablenkung zugutekommen kann. Zehn Tage verbrachte er etwa in seinem Keller, ohne Kontakt zur Außenwelt, dann wiederum verzichtete er komplett auf Kaffee und Zucker oder regulierte seinen Smartphone-Konsum auf eine Stunde pro Tag.
Wir haben für dich in das Buch reingelesen und die drei wertvollsten Tipps zusammengefasst.
1. Erkenne deine Kraft
Um das Optimum aus sich herauszuholen, braucht es mehr, als gutes Zeitmanagement. Über den Tag verteilt durchleben wir Phasen mit mehr oder weniger Energie – nützen wir diese! Bailey rät zu einem Energie-Tagebuch, also zur Beobachtung, wann welche Art von Arbeit (Kreatives, Kommunikatives, Buchhaltung etc.) am leichtesten von der Hand geht.
Man kann die individuelle Leistungsfähigkeit aufgrund des Biorhythmus ziemlich gut vorhersagen, weil diese natürliche Motivations- und Leistungskurve bei den meisten Menschen sehr regelmäßig und berechenbar verläuft. Wenn wir dann auch noch wissen, wann welche Tätigkeiten am effektivsten vollbracht werden – Bingo!
2. Kenne deine Ziele
Und zwar jeden Tag. Oft sitzt man den ganzen Tag vor dem Computer und hat abends trotzdem das Gefühl, nicht sonderlich viel weitergebracht zu haben. Wenn sich dieser unbefriedigende Zustand dann auch noch in die Freizeit hineinzieht und man diese nicht genießen kann, wird es ganz übel.
Bailey rät dazu, aufzuschreiben, was man für die Woche erreichen möchte – und zusätzlich das geplante Tages-Soll. Eine klare Definition von lang und kurzfristigen Zielen hilft beim strukturierten und erfüllenden Arbeiten, besonders in der Selbstständigkeit. Und das motiviert: Aufgaben, die vorher als Nebensache betrachtet wurden und deshalb quasi mitgeschliffen und nebenbei abgearbeitet wurden, bekommen eine neue Wertigkeit.
3. Bleibe sozial
Eingangs haben wir die Sehnsucht nach Isolation erwähnt – nach der Arbeit ohne Ablenkung. Als Bailey allerdings zehn Tage im Keller vor sich hin schuftete, sackte seine Produktivität bald ab. Warum? Andere Menschen um sich zu haben ist wichtig für die Produktivität – und keine Hemmschwelle, wie häufig angenommen.
Den Zusammenhang zwischen guter Kooperation mit Kollegen bzw. Kunden und gesteigerter Produktivität haben auch verschiedene Studien bestätigt: Wir arbeiten für Menschen und das treibt uns an, mehr zu tun und uns zu verbessern, so der Autor. Wo das ideale Maß der menschlichen Interaktion liegt, ist natürlich von Mensch zu Mensch verschieden.
Und in der Freizeit? Freunde, so Bailey, sind das A und O, sie geben Feedback ohne Häme, sorgen für kreative Inputs oder einfach nur für einen guten Lacher, der Endorphine freisetzt und so zu mehr Energie verhilft.
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