Seit dem 16. März beobachte ich, dass rund 80 Prozent aller Webkonferenzen zumindest einmal vom Kind eines stolzen Vaters mit Winke-winke an alle TeilnehmerInnen oder – etwas seltener – von dessen Verzweiflungsausbrüchen unterbrochen werden.
Für UnternehmerInnen, insbesondere EPU, scheint im Homeoffice nicht so sehr die technische Infrastruktur die Herausforderung zu sein, sondern die Gleichzeitigkeit der Familien- und Arbeitsanforderungen, der wir 24/7 ausgeliefert sind. Dass es dafür noch kein Ablaufdatum gibt, verstärkt unser Ohnmachtsgefühl und macht es zeitweise schwer erträglich.
Da diese Herausforderung wohl noch länger bewältigt werden muss, hier ein paar Tipps, wie Sie besser durch diese schwierigen Zeiten kommen:
Schaffen Sie Rückzugsmöglichkeiten
Neue Abläufe und Herausforderungen benötigen neue Strukturen: Diese werden besser lebbar, wenn sie auch physisch sichtbar sind. Rückzugsmöglichkeiten sind daher die wichtigste Grundlage für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Homeoffice.
Nehmen Sie sich etwa amerikanische Großraumbüros des vorigen Jahrhunderts mit ihren sogenannten Cubicals zum Vorbild: Das sind kleine Büroinseln, umgeben von einer ca. 1,50 Meter hohen dünnen Wand und an einer Seite offen.
Schaffen Sie derartige Inseln für jedes Familienmitglied – zum Arbeiten und um sich zurückzuziehen. Viele Konflikte entstehen gar nicht bzw. können entschärft werden, wenn jeder die Möglichkeit hat, sich in einen (Schmoll-)Winkel zurückzuziehen, um dort zu arbeiten bzw. ein wenig Abstand zu gewinnen.
Kreieren Sie Ihre persönliche Insel
Bücherregale, Topfpflanzen, Spielsachen u.v.m. können helfen, solche Rückzugsmöglichkeiten auch in engen Wohnungen zu schaffen. Sollte dies nicht für jedes Familienmitglied möglich sein, dann organisieren Sie Schichtpläne oder sonstige Vereinbarungen für eine abwechselnde Nutzung.
Auch entspannende Musik über Kopfhörer sind eine gute Möglichkeit, sich auszuklinken.
TIPP: Holen Sie sich die Natur ins Haus! Etwa über Video.
Abwechslung und Ordnung
Unabhängig vom Alter benötigen Menschen Abwechslung – geistig und körperlich. Dies erreichen Sie erstens mit den vorhin besprochenen Inseln, zwischen denen man sich je nach Tätigkeit bewegt, und zweitens mit einem Stundenplan.
Erstellen Sie einen Wochenplan. Planen Sie Ihre Arbeitszeiten und Pausen ebenso wie Ihre Familienzeiten mit Kochen, Essen, Spielen, Indoor-Bewegung (Mobilisierungsübungen von Fachleuten, wie etwa hier) und Outdoor-Bewegung (Rad fahren, spazieren gehen, etc.). Teilen Sie auch Zeit für Hausarbeit wie Putzen, Aufräumen und Einkaufen ein, denn gerade in Isolation gibt das Ordnung- und Sauberhalten dem Zusammenleben die so wichtige Orientierung: Äußerliche Ordnung vermindert Stress und Angstgefühle.
Vereinbaren Sie ganz bewusst getrennte und gemeinsame Zeiten in einem bestimmten Rhythmus. Eine klare Tagesstruktur und ein Wochenrhythmus mit Wochentagen und einem Wochenende ist für alle eine notwendige Orientierung und hilft, Konflikte zu vermeiden.
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Planen und verhandeln
Besprechen Sie diesen Stundenplan mit Ihren Kindern und eventuell vorhandenen weiteren Familienangehörigen:
- Bauen Sie alle Wünsche – soweit möglich – ein.
- Definieren Sie für die verschiedenen Zeitabschnitte und Aktivitäten unterschiedliche Wohnungsbereiche, Medien und Beteiligte: So schaffen Sie die für Menschen und insbesondere für Kinder so wichtige Abwechslung und bekommen auch Bewegung in die kleinste Wohnung.
- Vor allem für jene Zeiträume, in denen Sie sich konzentrieren müssen, legen Sie die Beschäftigung Ihres Nachwuchses fest.
- Seien Sie klar, wenn Forderungen aufgestellt werden, die sich aus gesetzlichen oder aus persönlichen Gründen nicht erfüllen lassen, aber bleiben Sie kreativ und flexibel.
Alles braucht mehr Zeit
Bedenken Sie, dass das Erledigen von bisheriger Präsenz-Arbeit online und im Homeoffice im Durchschnitt 1/3 mehr Zeit benötigt. Dies gilt für Erwachsene genauso wie für die Schulaufgaben von Kindern und Jugendlichen und ganz besonders für virtuelle Meetings.
Planen Sie diese Mehrzeit ein, damit Sie und Ihre Kinder nicht an einer unrealistischen Zeiteinteilung verzweifeln.
TIPP: Versuchen Sie, Ihren Kindern auch Online-Spiel- und LernpartnerInnen (KlassenkollegInnen, Großeltern, Nachbarn, Freunde, etc.) zu organisieren und in ihren Stundenplan zu integrieren: Viele Spiele kann man per Video- oder Audio-Konferenz von der physischen in die Online-Welt transferieren.
Nobody is perfect
Wir leben derzeit alle unter außergewöhnlichen Umständen, für die wir kaum eine Blaupause haben. Daher wird es bei niemanden immer perfekt sein, Missverständnisse und Frustration sind quasi vorprogrammiert.
Aber das sind nicht die einzigen Erfahrungen, die wir jetzt miteinander machen:
Wir erleben mehr Quality-Time, mehr Nähe und entwickeln uns gemeinsam weiter!
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