Wie eine Kosovarin und eine Italienerin in Wien zu Gründerinnen wurden
Sara Rizzi und Ylza Ludfiu haben in Wien den Apulischen Feinkostladen "Il Pumo" eröffnet - dank Rot-Weiß-Rot-Karte und EU-Bürgerschaft.





Sara Rizzi und Ylza Ludfiu haben sich beim Deutschkurs in Wien kennen gelernt. Die Italienerin Rizzi hat ihre Heimat Apulien auf der Suche nach neuen Chancen verlassen, Ludfiu den Kosovo, um in Wien ihr Masterstudium zu absolvieren. Heute führen die beiden gemeinsam einen Apulischen Feinkostladen.
Weiterbildung auf europäisch
Ylza Ludfiu kam 2015 nach Wien, um ihr in Pristina absolviertes Architekturstudium mit einem Master Degree zu krönen. Im Deutschkurs lernte sie Sara Rizzi kennen, die nach einem Betriebswirtschaftsstudium und vergeblicher Jobsuche beschlossen hatte, Brindisi, wo sie 1981 geboren wurde, den Rücken zu kehren. Sara besuchte neben dem Sprachstudium und Jobs als Kellnerin einen Kurs für Kostenrechnung am Wifi Wien. Ihr Plan: ein Apulischer Feinkosthandel in Wien. Die Basis dafür: Gute Beziehungen zu kleinen, handwerklich arbeitenden Produzenten in ihrer Heimat.
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Die beiden neuen Freundinnen sprachen über ihre Vorstellungen und Pläne, und bald war klar: "Wir machen das Geschäft gemeinsam." Mit Ylzas Rot-Weiß-Rot Card und Sara EU-Staatsbürgerschaft stand der Gründung auch bürokratisch nichts im Weg. Ylza gab ihren Nebenjob in einem Architekturbüro auf und investierte die Zeit fortan ins gemeinsame Projekt. Saras Idee wurde weiterentwickelt, ein kleines Feinkostgeschäft mit Köstlichkeiten aus Apulien sollte es werden. "Der Name "Il Pumo" bedeutet "die Knospe" – wir hoffen, dass sie ordentlich sprießt."
Hilfe bei der Gründung
Die wirtschaftlichen Kenntnisse für den lokalen Markt holten sich die beiden in weiteren WIFI-Kursen. Das Gründerservice der Wirtschaftskammer stand beratend zur Seite und begleitete Schritt für Schritt durch die Gründungsphase. Als Allererstes mussten wir uns den Namen ausdenken und prüfen lassen – ohne den kann man nämlich keine Firma ins Firmenbuch eintragen lassen. Dann haben wir den Gewerbeschein für Handel mit Waren aller Art gelöst. Als EU-Bürgerin ist das problemlos möglich. Nachdem es im Lokal keine Küche gibt und vorläufig auch keine Frischware angeboten oder selbst produziert wird, gab es keine besonderen Auflagen.
Viel Sorgfalt verwendeten Sasa und Ylza in die Wahl des Standorts: Es sollte nicht weit vom Zentrum entfernt sein und über interessante Klientel in der Umgebung verfügen. Vorrangig sahen sie sich im vierten Bezirk oder auf der äußeren Währinger Straße um, sie gingen die Neubaugasse auf und ab hielten nach leer stehenden Lokalen Ausschau. Sobald ein Geschäft in die engere Auswahl kam, wandten sie sich ans Gründerservice. Innerhalb ein paar Tagen erstellte dieses dann eine Standortanalyse und sandte die Resultate per Mail.
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Mut und persönlicher Einsatz
Das Wunschlokal fanden Rizzi und Ludfiu schließlich in den Immobilienanzeigen: leer, ablösefrei zu übernehmen, mit einem Halbstock, der sich als Lager und Büro eignet. Wir haben uns in die Augen geschaut, gefragt, wie viel Geld jede aufzubringen in der Lage ist und gesagt: okay, das nehmen wir. Die beiden Frauen gründeten eine OG und starteten los.
Die Einrichtung hat Ylza entworfen und gebaut, Sara hat in Apulien die Lieferanten ausfindig gemacht und besucht. Gemeinsam und mit Hilfe von Freunden und Eltern wurde renoviert und ausgemalt. Nach der Investition von ca. 30.000 Euro Eigenmitteln aus Ersparnissen startete "Il Pumo" Mitte Dezember 2016. Die Werbung läuft derzeit hauptsächlich über Facebook, aber auch die Mund-zu-Mund Propaganda ist bei der Feinkost natürlich eine logische Marketingstrategie.
Import aus Süditalien
Der Import der Waren klappt ziemlich reibungslos: Mittlerweile sind selbst die kleinsten Produzenten auf den Export innerhalb der EU eingestellt, können alle nötigen Infos und Prüfungen für die korrekte Deklarierung zur Verfügung stellen, wir müssen sie maximal übersetzen und die Etiketten drucken. Nur die Bürokratie in Sachen Import von Wein und Schaumwein ist ziemlich umfangreich.
Weil alle Produkte aus kleinen Familienbetrieben kommen, die Sara bei ihren regelmäßigen Heimatbesuchen ausfindig macht, gibt es manchmal Anfangs Probleme mit den Mengen: Da reicht es schon, wenn gleichzeitig zehn Kunden ein paar Stück bestellen wollen, und wir können nicht liefern - also gibt es nur das, was wir gerade auf Lager haben. 2016 zum Beispiel fiel die Olivenernte in Apulien ausgesprochen mager aus. Also haben unsere Lieferanten auch nur ganz wenige von den feinen, handgepflückten Oliven in Gläser mit Extravergine Öl füllen können. Aber das entspricht unserer Philosophie: Unsere Produkte sind streng limitierte Serien, und zwar ganz natürlich!
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