Wie man in Wien einen Food Truck auf die Straße bringt
Mit der italienischen Spezialität Mozarella im Wagen bereichern die Triestiner Arianna Morettin und Luca Mauri die Wiener Food Truck-Szene.



Echtes italienisches Street Food hat es Arianna Morettin und Luca Mauri aus Triest schon immer angetan, insbesondere die Mozzarella in Carrozza. Diesen wörtlich übersetzten Käse im Wagen haben sie schließlich auch nach Wien gebracht, in einem Food Truck auf Basis einer Ape Piaggio, dem berühmten dreirädrigen Minitransporter italienischen Ursprungs. Arianna und Luca haben uns erklärt, wie sie ihr Konzept erfolgreich in Wien auf die Straße gebracht haben.
Kein Klima für Gründer
Wir hatten unser Konzept mit der Mozzarella in Carrozza schon länger im Kopf. Zunächst haben wir an ein Lokal in Triest gedacht, aber dann haben wir uns dazu entschlossen, mobil zu werden, einen Food Truck daraus zu machen und unser Glück in Wien zu versuchen. Die Bürokratie in Italien ist Start-ups nicht besonders zuträglich, die Finanzierung mühsam und die Besteuerung unternehmerfeindlich. Ein Break Even war so für uns nicht abzusehen.
Traum auf Rädern
2015 haben wir uns an die Arbeit gemacht und den Food Truck unserer Träume entworfen. Wobei Truck etwas hoch gegriffen ist. Wir haben von Anfang an die Ape von Piaggio gedacht, den italienischen Inbegriff mobilen Wirtschaftens. Auf deren dreirädrigem Chassis aufbauend transportiert man bei uns zu Hause praktisch alles, vom Gemüse für den Markt über Touristen an den Strand bis zur mobilen Gelateria. Es gibt also auch viele Spezialisten für einen individuellen Umbau. Unsere Ape war nach sechs Monaten voller spontaner Verbesserungen fertig.
Snack mit Tradition
Mozzarella in Carrozza ist eine der ältesten italienischen Street Food-Varianten, meist wird sie als Teil der Aperitivo-Kultur mit einem erfrischenden Getränk genossen. Die Mozzarella in Carrozza ist im wesentlichen Mozarella, die zwischen zwei Brotscheiben – die Karosserie – gesteckt und in einem leichten Teig verbacken wird. Die süditalienische Variante verwendet dazu auch noch Semmelbrösel.
Wir haben uns für die klassische venezianische Rezeptur, wie sie auch aus der legendären Harry's Bar in Venedig bekannt ist, entschieden und für unsere Zwecke adaptiert. Prinzipiell gibt es vier Varianten: klassisch mit Schinken, Paradeisern, Melanzani oder Sardellen, zwei davon sind immer vegetarisch. Dazu bieten wir verschiedene Getränke an, italienische Softdrinks und Bier, und natürlich auch echten Café.
Behördenwege in Wien
2016 sind wir mit unserem Wagen in Wien angekommen und mussten uns erst einmal orientieren, wie wir unser Business starten konnten. Das war ganz schön kompliziert. Als erstes brauchten wir eine Straßenzulassung für die Ape. Ich hatte dazu schon meine Hausaufgaben erledigt: Dank EU-Zulassung und Unbedenklichkeitsbescheinigung von Piaggio, dem Hersteller des Basisfahrzeugs und einer umfassenden Dokumentation des Umbaus hat das zwar etwas gedauert, funktionierte aber problemlos.
Wir haben eine GmbH gegründet und bei der Wirtschaftskammer eine Gewerbeberechtigung für die so genannte kleine Gastronomie gelöst. Damit darf unser Betrieb nicht mehr als acht Sitzplätze haben und alkoholfreie Getränke sowie Bier in Flaschen oder Dosen ausschenken. Die Gewerbeberechtigung zu bekommen war kein Problem. Wir hatten in Italien diverse Kurse besucht und Prüfungen abgelegt, in Österreich wurden die auch anstandslos anerkannt.
Allerdings sind wir mit unserem Konzept zu einem Zeitpunkt beim Magistrat vorstellig geworden, als der Trend zum Food Truck noch ganz neu war. Da wusste man dort zunächst noch nicht so genau, in welche Kategorie man uns gewerbetechnisch stecken sollte.
Standortsuche
Nachdem wir unsere Gewerbeberechtigung hatten, wollten wir bei der Stadt Wien um einen Standplatz ansuchen. Wir mussten aber feststellen, dass es in Wien das Konzept eines mobilen Imbisstandes gar nicht gibt! Auch wenn manche Würstelstände so aussehen, als wären sie mobil, so sind sie doch an einen konkreten Standplatz gebunden. Um an so einen Standplatz zu kommen, müssten wir eine nicht unerhebliche Ablösesumme aufbringen – und wären erst wieder ortsgebunden.
Also haben wir uns nach Möglichkeiten umgeschaut bei denen wir unser Angebot präsentieren konnten. Wir haben Veranstaltungskalender und das Internet nach Events durchforstet und wenn uns eines interessant erschien, den Kontakt zum Veranstalter gesucht und uns vorgestellt. Dafür haben wir eine kleine Präsentation vorbereitet, die das Konzept erklärt – samt Fotos unsers Produkts, der Ape und uns – und haben uns nach der Möglichkeit einer Teilnahme erkundigt.
Erfolge auf Events
Wir sind von den Veranstaltern eigentlich immer sehr wohlwollend aufgenommen worden, weil wir etwas Neues bieten. Mittlerweile sind die Food Trucks bei Events ja Teil des Business-Konzepts. Man zahlt eine Platzmiete, um dabei zu sein. Wenn man Pech hat, geht die Rechnung nicht auf, etwa wenn es regnet und keiner kommt. Nur der Veranstalter profitiert so in jedem Fall. Wir haben solche Events aber immer auch als Werbung verstanden. Schließlich muss man erst bekannt werden, um Geschäft machen zu können.
Mittlerweile macht es sich schon bezahlt, dass wir ein einzigartiges gastronomisches Produkt anbieten können. Veranstalter wollen jetzt genau uns, Burger werden schließlich schon mehr als genug gebraten, die Mozzarella in Carrozza hingegen ist eine Attraktion, und so sind wir in einer wesentlich besseren Verhandlungsposition, wenn es um die Platzmiete geht.
Lukrative Caterings
Ökonomisch sinnvoller sind für uns Caterings, also wenn wir direkt und gezielt von jemandem gebucht werden. Da bekommen wir eine Mindestabnahme garantiert, die beginnt bei 50 Portionen. Je nach Zeitaufwand und tatsächlichem Verkauf kommt dann schon ordentlich Umsatz zusammen. Neulich wurden wir etwa für die 1st Austrian Golf Show gebucht, das war ein gutes Geschäft. Solchen Direktkunden können wir natürlich ein maßgeschneidertes Paket schnüren und genau auf ihre Wünsche eingehen.
Endlich auf der Straße
Unser Ziel war aber schon immer, einen fixen Platz auf der Straße zu finden, genau dort gehört Street Food ja schließlich hin. Wir haben uns daher schon ganz am Anfang für eine Marktlizenz beworben. Und sie letzten Herbst, nach fast zwei Jahren, endlich auch bekommen. Wir stehen seit Oktober 2018 vier Mal in der Woche auf einem als Marktplatz ausgewiesenen Standort vor der Mariahilfer Kirche.
Der Anfang war nicht leicht, wir bieten schließlich etwas an, das die meisten Kunden nicht kennen. Manche bleiben nur kurz stehen, fragen– und holen sich dann doch eine Käsekrainer vom Würstelstand. Doch immer mehr Menschen wollen sich fleischärmer ernähren, für die sind wir eine Alternative.
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Am Markt angekommen
Probleme mit dem Marktamt hatten wir noch nie. Man muss eben alle Vorschriften einhalten, vor allem die Standgröße nicht überschreiten und – daran ist hier schon mancher gescheitert – Anweisungen der Marktaufsicht ohne zu Murren befolgen. Wir haben kein Problem damit. Wir sind mit diesem Standort sehr glücklich, und sobald es endlich wärmer wird, sollte das Geschäft auch so richtig ins Laufen kommen.
Wenn wir uns in Triest im Gespräch mit Freunden beklagen, dass etwas mühsam ist, holen die uns prompt wieder auf den Teppich. Ma guarda, sagen sie dann, schaut doch was ihr erreicht habt! Ihr seid im Geschäft! Was sie offenbar nicht erwartet haben. Wir waren uns ehrlich gesagt anfangs auch nicht ganz sicher, ob nach Wien zu gehen so eine gute Idee wäre. Mittlerweile sind wir überzeugt davon!
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