Das Honorar soll nicht nur die Kasse füllen, es ist auch eine Bestätigung für die persönliche Leistung. Dennoch tun sich vor allem frischgebackene Selbständige schwer, einen angemessenen Stundensatz in Rechnung zu stellen.
EPU versus Angestellte/r
Viele EPU kommen aus einem Angestelltenverhältnis und vergessen bei der Berechnung des Honorars leicht, dass sie als UnternehmerIn nun nicht mehr nur ihren Nettolohn finanzieren, sondern viele andere Ausgaben decken müssen. Was bei Angestellten im „Background“ automatisch abläuft – Sozialversicherung, Lohnsteuer, Betriebsmittel etc. – müssen Sie als EPU nun aktiv selber bezahlen und bei der Kalkulation Ihres Honorars berücksichtigen.
Daher gilt: Der Bruttolohn für Angestellte entspricht nicht dem Bruttolohn für Selbständige!
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Denn sie verrechnen als EPU nicht nur die reine Arbeitsleistung, sondern auch die gesamte Infrastruktur, die Sie brauchen, um diese Arbeit erbringen zu können.
- Dazu gehören Kosten für Telefon, Computer, Büroräume, Firmenwagen, Büromaterial, Vorsorge für den Krankheitsfall, Rücklagen für Ausfälle, ein Werbebudget, betriebliche Anschaffungen wie Maschinen, Weiterbildung und vieles mehr.
- Außerdem müssen Zahlungen an die Sozialversicherung bei der Kalkulation der Honoarnote mit einberechnet werden. Wenn Angestellte 15 Euro/Stunde verdienen, hat der Dienstgeber bereits einen Teil der Sozialversicherung bezahlt. Als EPU zahlen Sie die gesamte Sozialversicherung selber.
Das 2.000-Euro-Ziel
Um ein angemessenes Entgelt für ihre Leistung zu bekommen, sollten Selbständige das Pferd von hinten aufsatteln und beim Jahresabschluss beginnen, anstatt gefühlsmäßig über Stundesätze zu grübeln. Wenn Sie als Unternehmer/Unternehmerin wissen, wie viel Sie im Jahr bzw. im Monat netto verdienen wollen, sind Sie einem angemessenem Honorar bereits einen großen Schritt näher.
Wenn Sie beispielsweise 2.000 Euro netto pro Monat verdienen wollen, müssten Sie rund 3.500 bis 4.000 Euro Umsatz machen. Brechen Sie nun Ihren angestrebten Monatsgewinn auf die Woche und die Stunde herunter und Sie wissen, wie hoch das Honorar sein muss, damit Ihr Unternehmerlohn und die betrieblichen Ausgaben gedeckt sind. Seien Sie bei der Berechnung Ihres Stundensatzes nicht zu bescheiden, sonst wird Ihr Unternehmen längerfristig nicht bestehen können.
Jede Stunde zählt
Beachten Sie auch, dass nicht die gesamte Arbeitszeit direkt für Ihre Kunden verbraucht wird. Sie haben auch Dinge wie Akquise, Buchhaltung, E-Mails schreiben etc. zu erledigen. Auch dieser Aufwand, der etwa die Hälfte der gesamten Arbeitszeit in Anspruch nimmt, muss gedeckt sein.
Wenn das Ziel also 2.000 Euro netto ist, bedeutet das einen Stundensatz von rund 50 Euro brutto, wenn Sie 40 Stunden pro Woche arbeiten (davon ca. 20 Stunden direkt für den Kunden).
Selbstsicher sein und überzeugen
Nur wenn Sie selbst von sich und Ihrem Preis überzeugt sind, werden Sie auch Ihre Kunden überzeugen können. Feilschen Sie nicht um das Honorar, sondern treten Sie selbstsicher auf und sprechen Sie Ihr Können und Ihre Qualitäten an. Sie kennen Ihre Stärken am besten und können damit überzeugend argumentieren.
Wenn Sie das Gefühl haben, unterbezahlt zu sein, werden Sie weder Ihre Arbeit mit Begeisterung erledigen, noch Ihr Unternehmen auf Dauer erfolgreich führen können. Es ist besser, auf einen Auftrag zu verzichten, anstatt jahrelang zermürbende Honorarverhandlungen zu führen und nie zu einem befriedigenden Ergebnis für Sie zu kommen. Legen Sie eine Untergrenze fest und bleiben Sie standhaft.
Warum ist es so schwer?
„Vor allem Frauen haben bereits in der Kindheit gelernt, bescheiden zu sein, im Hintergrund zu bleiben und nicht aufzufallen“, sagt Ingrid Mylena Kösten und zitiert einen bekannten Stammbuchspruch: „Sei immer bescheiden, verlange nicht zu viel, dann kommst du zwar langsam, aber sicher zum Ziel“. Kösten ist Coach, Mentorin und Trainerin und hat oft mit Menschen zu tun, die nach einer Lösung suchen, um ihre Vorstellungen bei Gehalts- oder Honorarverhandlungen durchzusetzen.
„Während Buben vor allem Botschaften wie ‚gib nicht auf‘, ‚das schaffst du‘ und ‚komm schon‘ vermittelt bekommen, wird Mädchen bis heute Bescheidenheit und Zurückhaltung nahegelegt. Diese Muster zeigen sich später vor allem in Stresssituationen, die in Verhandlungen schnell auftreten, wenn man über sich selber sprechen und sich selbst präsentieren muss“, erklärt Kösten die Ursache für die Schwierigkeiten bei Honorarverhandlungen. Der Geldwert hat viel mit dem Selbstwert zu tun und wer schon früh gelernt hat, bescheiden zu sein, wird auch seine monetären Ansprüche bescheiden halten.
Sich seiner Stärken bewusst werden
Wer bereits seine eigenen Stärken und sein Können herausgearbeitet hat, kann mit diesem Wissen in „empathische Verhandlungen“ gehen, wie Kösten es nennt. Dabei geht es nicht nur darum, ein Honorar zu verhandeln. Es gilt auch, den Nutzen, den Kunden von Ihrer Expertise haben, herauszuarbeiten. Wer Qualität liefert, kann Geld dafür verlangen und soll das auch tun.
Den eigenen „Marktwert“ bestimmen
Eine sachliche Analyse hilft Ihnen dabei, sich am Markt zu positionieren. Dazu gehören unter anderem Überlegungen wie:
- Wie viele Jahre Berufserfahrung habe ich?
- Wo arbeite ich? (Stadt, Land, Region)
- Wie hoch sind die Preise der Konkurrenz?
- Wie groß ist das Konkurrenzangebot am Markt/im Umfeld
- Wo liegt der Nutzen für den/die Kunden/in
- Wie kann ich die Bedürfnisse des/der Kunden/in stillen
Beurteilen Sie diese Punkte möglichst objektiv und analysieren Sie Ihren „Marktwert“. Überlegen Sie vor allem, welchen besonderen Nutzen Sie Ihrem/Ihrer Auftraggeber/in bieten.
Verhandeln kann man lernen
Die zweite Aufgabe ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit. Kösten empfiehlt, ein Verhandlungs-Coaching in Anspruch zu nehmen, bei dem Barrieren herausgearbeitet werden, wie etwa Angst vor Konflikten. Auch ganz persönliche Erfahrungen können bei Honorarverhandlungen unbewusst mitspielen und Hemmungen erzeugen. Oft hilft hier eine Therapie, die gelernte Muster zu Tage bringt und aufarbeitet.
Bescheidenheit ist keine Zier
In einer Gesellschaft, in der Geiz das oberste Ziel ist, ist Bescheidenheit fehl am Platz. Wer denkt, dass Bescheidenheit oder Großzügigkeit gegenüber Kunden Empathie erzeugt, liegt falsch. „Das ist nichts anderes als eine Aufforderung zur Ausbeutung“, sagt Kösten. Es ist wichtig, im richtigen Moment entweder ein alternatives Angebot zur Verfügung zu haben, um den Preis zu halten, etwa durch eine Zusatzleistung, oder eben den Auftrag abzulehnen. Wer für Qualität nicht zahlen will oder kann, ist dazu gezwungen, billige Angebote anzunehmen.
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