Die Kleinunternehmerregelung wurde geschaffen, um selbständige Unternehmer, die nur wenig Umsatz machen (maximal 35.000 Euro/Jahr), zu entlasten. Wie die Regelung im Detail aussieht und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit du die Kleinunternehmerregelung nutzen kannst, erklären wir im Beitrag Was bedeutet Kleinunternehmerregelung?.
Hier erklären wir, was du tun musst, wenn du dich für die Kleinunternehmerregelung entschieden hast, aber während des Jahres feststellst, dass du mehr als 35.000 Euro umsetzen wirst.
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Wenn du die Umsatzgrenze einmal geringfügig überschreitest – Toleranzgrenze
Wenn sich dein Umsatz besser entwickelt als erwartet, und du die Umsatzgrenze von 35.000 Euro geringfügig übersteigst, passiert gar nichts. Innerhalb von fünf Jahren darfst du die Umsatzgrenze innerhalb einer Toleranzgrenze von 15% einmal überschreiten, diese Grenze steht im Umsatzsteuergesetz. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Grenze noch weiter erhöht, in dem er die Grenze als Nettogrenze qualifiziert hat. Würde der Umsatzsteuersatz bei Umsatzsteuerpflicht 20% betragen, beträgt die Kleinunternehmergrenze – ohne Toleranzregel somit EUR 42.000,-. Und diese Grenze kann nochmals um 15% überschritten werden. Das bedeutet: du darfst einmal maximal 48.300 Euro umsetzen.
Die Grenzen betragen daher im Detail:
- Umsatzgrenze bei 20% USt: EUR 42.000
- Umsatzgrenze bei 10% USt: EUR 38.500
- einmalige Toleranzgrenze bei 20% USt: EUR 48.300
- einmalige Toleranzgrenze bei 10% USt: EUR 42.350
Wenn du die Umsatzgrenze mehrmals überschreitest
Überschreitest du die obigen Grenzen, musst du sofort handeln.
Das bedeutet: du musst Umsatzsteuer auf deinen gesamten Umsatz nachzahlen!
Du musst dann also im Regelfall 20% deines Nettoumsatzes (Umsatz ohne USt.) an das Finanzamt abführen. Wenn du also z.B. 30.500 Euro Umsatz gemacht hast, sind das 6.100 Euro. Ist dein Umsatzsteuersatz 10% (z.B. Vermietung von Wohnraum), dann musst du 10% Umsatzsteuer auf deine Rechnungen anführen.
Um zu vermeiden, dass du die Umsatzsteuer von deinem Netto-Umsatz abführen musst, bleibt nur die Möglichkeit, alle Honorarnoten neu zu legen – mit angerechneter Umsatzsteuer. Das bedeutet für dich viel Arbeit: Alle Rechnungen für das Jahr sind zu berichtigen und deinen Kunden zu übermitteln!
- Wenn du nur Unternehmen als Kunden hast, ist das zwar mühsam – aber machbar: Der Unternehmer kann die Umsatzsteuer ja als Vorsteuer geltend machen, er hat dadurch keinen finanziellen Nachteil.
- Bei Privatkunden ist es in der Praxis so gut wie unmöglich, im Nachhinein Umsatzsteuer einzufordern.
Umsatzsteuer anmelden
Um die Umsatzsteuer anzumelden, füllst du das Formular U15 auf der Homepage des Finanzamts aus.
Das bedeutet:
- Du erhältst eine UID-Nummer.
- Du musst die USt. auf deinen Rechnungen ausweisen und sie vierteljährlich (ab 100.000 Euro Umsatz: monatlich) ans Finanzamt abführen.
- Dafür darfst du ab jetzt aber auch die Vorsteuer abziehen – damit werden Anschaffungen für dich günstiger.
ACHTUNG: Dieser Status bleibt für fünf Jahr aufrecht, ehe du wieder die Kleinunternehmerregelung beantragen kannst.
Ein kleiner Ausweg
Eine kleine Möglichkeit gibt es, um die Umsatzgrenze doch nicht zu überschreiten: Du kannst Honorare, die gegen Jahresende anfallen, erst im folgenden Jahr verrechnen. Das bringt dir allerdings nur dann etwas, wenn deine Liquidität so gut ist, dass du diese Einnahmen noch ein wenig aufschieben kannst.
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Die Vorsteuerberichtigung
Der Wechsel zur Umsatzsteuerpflicht bringt dir einen wichtigen Vorteil: die positive Vorsteuerkorrektur. Das heißt, dass du die Vorsteuer geltend machen darfst, und zwar auch nachträglich für:
- Umlaufvermögen: Das sind Vorräte, die du für dein Unternehmen kaufst und die sich schnell verbrauchen (Arbeitsmaterialien wie Schrauben, Shampoo, Druckerpapier und ähnliches).
Für diese darfst du die gesamte Vorsteuer nachträglich geltend machen.
BEISPIEL: Dein Unternehmen ist 2020 umsatzsteuerbefreit. Du kaufst 2020 Druckerpapier für 240 Euro (davon sind 20% USt., also 40 Euro). Du meldest beim Finanzamt 2020 aufgrund deiner Einkünfte doch USt.-Pflicht an. Du darfst die 40 Euro Vorsteuer nachträglich geltend machen.
- Anlagegüter: Anlagegüter sind Anschaffungen, die länger im Unternehmen bleiben (Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge, PCs und ähnliches).
– Unbewegliche Anlagegüter sind Grundstücke, Gebäude, Patente etc.
– Bewegliche Anlagegüter sind Computer und ähnliches.
Auch für Anlagen kannst du die Vorsteuer anteilig geltend machen. Voraussetzung ist, dass du die Vermögensgegenstände innerhalb des Berichtigungszeitraumes erworben hast. Der Berichtigungszeitraum für bewegliche Anlagegüter liegt bei fünf Jahren, bei unbeweglichen Anlagegütern bei 20 Jahren.
BEISPIEL: Dein Unternehmen ist 2016 umsatzsteuerbefreit. Sie kaufen einen Computer für 2.760 Euro brutto (davon sind 20% USt., also 460 Euro). 2019 meldest du dich beim Finanzamt als USt-pflichtig an. Der Berichtigungszeitraum für einen Computer (bewegliche Anlagegüter) beträgt 5 Jahre. Du besitzt den Computer 3 Jahre und es fehlen noch 2 Jahre auf die 5 Jahre Berichtigungszeitraum. Du darfst also nachträglich Vorsteuern von 184 Euro geltend machen:
USt 460 Euro : 5 Jahre = 92 Euro mal 2 Jahre = 184 Euro
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