Ein Kunde kann nicht mehr zahlen, ein Auftrag fällt aus, eine Lieferung verzögert sich: Auch völlig unverschuldet kann ein Unternehmen Zahlungsprobleme bekommen. Zu unterscheiden gilt zunächst: Handelt es sich um echte Zahlungsunfähigkeit oder einen vorübergehenden Zahlungsengpass?
- Zahlungsunfähig ist ein Unternehmen dann, wenn es mehr als 5% aller fälligen Schulden nicht begleichen und sich die dafür nötigen Mittel nicht alsbald beschaffen kann. Der Fokus liegt dabei auf fällige Schulden und alsbald.
- Wenn du deine Schulden nicht sofort, aber alsbald begleichen kannst, dann handelt es sich um eine Zahlungsstockung. Ein Beispiel: Ein Projekt hat sich verzögert, dein Kunde hat es erst kürzlich abgenommen. In ein paar Wochen wird er zahlen, und du kannst deine Schulden dann leicht begleichen. Eine Zahlungsstockung ist also kein dauerhafter Zustand und auch kein Insolvenzgrund.
ACHTUNG: Wenn ein Unternehmen tatsächlich zahlungsunfähig ist, muss es einen Insolvenzantrag stellen, und zwar längstens binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. ab Kenntnis der (erkennbaren) Überschuldung. Wenn die Geschäftsführung trotz Insolvenzreife dieser Pflicht nicht nachkommt, kann das ein strafbarer Tatbestand sein (Konkursverschleppung)!
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Wenn es knapp wird, ist es also wichtig, zunächst festzustellen, ob es sich um eine kurzfristige Zahlungsstockung handelt oder ob absehbar ist, dass die Zahlungsunfähigkeit andauert. So gehst du vor:
1. Prüfe, welche Mittel du flüssig machen kannst
Dazu zählen Bank- und Kassabestände, schnell realisierbare Forderungen, Waren (die du rasch abverkaufen kannst) oder auch Wertpapiere.
- Gibt es offene Forderungen gegenüber Kunden? Kann man hier kurzfristig etwas eintreiben oder von dem Kunden ein Down-Payment (Anzahlung) bekommen?
- Hast du angefangene Leistungen, die du dem Kunden noch nicht verrechnet hast? Lege Zwischenrechnungen.
- Kannst du in dem Zusammenhang von deinem Kunden eine (zusätzliche) Akontierung verlangen, damit du weiter arbeiten kannst?
- Hast du Anlagegegenstände, die du verkaufen und wieder anmieten kannst (Sale and Lease back System, Maschinen, Autos, EDV-Ausstattung)?
- Kannst du dir bei irgendjemandem (Nahestehenden) noch Geld ausleihen?
- Ein Ausweg: Rede mit deiner Familie, ob sie dir helfen kann.
2. Erfasse, welche Zahlungen anstehen
Mach eine Liste der anstehenden Zahlungen, geordnet nach den Kategorien:
- Offene Verbindlichkeiten gegenüber der Österreichischen Gesundheitskrankenkasse oder SVS
- Offene Dringlichkeiten gegenüber dem Finanzamt
- Lieferanten, die du noch nicht bezahlt hast
- Wie sieht es mit der Bank aus?
Lass dir von deinem Steuerberater eine OP-Liste ausdrucken (offene Posten mit Fälligkeiten versehen, sowohl hinsichtlich deiner Kunden, als auch deiner Lieferanten und Leistungsträger).
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3. Verhandle mit SVS und/oder der Österreichischen Gesundheitskasse
Die Österreichische Gesundheitskasse ist der gefährlichste Gläubiger, da sie sofort einen Konkursantrag stellt, wenn du nicht eine gültige Ratenzahlung vereinbart hast. Diese ist allerdings schwer zu bekommen, und du musst eine Teil-Rate sofort auf den Tisch legen.
Die SVS ist in der Regel entgegenkommender. Dennoch: Betreibe keine Vogel-Strauß-Politik, sondern vereinbare Raten und spiele mit offenen Karten.
4. Verhandle mit dem Finanzamt
Bezüglich des Finanzamts lohnt es sich, mit deinem Steuerberater/deiner Steuerberaterin zu reden, damit er oder sie für dich ein Ratenansuchen beim Finanzamt stellt. Sei hinsichtlich des Zeitraumes, bis du diese Raten abgestattet hast eher vorsichtig und nicht euphorisch. Gib realistische Zeiträume an!
5. Rede mit deinen Lieferanten
Sorge dafür, dass deine Lieferanten dir gewogen bleiben. Das Schlimmste ist die Vogel-Strauß-Politik, also den Kopf in den Sand stecken. Mit faulen Ausreden (Die Rechnung ist nicht angekommen, Ich habe schon überwiesen.) oder Totstellen setzt du jeden Vertrauensbonus aufs Spiel.
Sei offen und ehrlich, sprich von dir aus an, dass du derzeit in einem Zahlungsengpass steckst, dass du dich aber bemühst, die Rechnungen raschest zu begleichen.
6. Führe ein Gespräch mit der Bank
Hat die Bank die Kreditlinie fällig gestellt oder droht dir das? Mach einen Gesprächstermin aus, sprich mit deiner Hausbank, bemühe dich, einen Zahlungsaufschub zu vereinbaren.
7. Hol dir Expertenrat ein
Zieh einen Rechtsanwalt zu Rate, der auf Insolvenzrecht spezialisiert ist. Insolvenzrechtsspezialisten begleiten und beraten Unternehmen in der Krise sowie im Rahmen von Insolvenzverfahren (Schuldnervertretung). Weiters erstellen sie auch Sanierungs- und Zahlungspläne.
TIPP: Nutze die anwaltliche Erstberatung, oder geh zur Schuldnerberatung bei der Konsumenteninformation.
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