Was ist Insolvenz bzw. Überschuldung?
Ein Unternehmen ist insolvent, wenn es zahlungsunfähig und/oder überschuldet ist. Also wenn es fällige Zahlungen nicht mehr leisten kann und sich die erforderlichen Zahlungsmittel auch nicht alsbald verschaffen kann. Insolvenz ist also leicht festzustellen, da hier eine Zahlungsunfähigkeit besteht. Die Überschuldung ist oft auch eine Frage der Einschätzung.
Überschuldung ist gegeben, wenn
- die Verbindlichkeiten höher sind als das Vermögen UND
- es keine positive Fortbestandsprognose gibt
Begriffsdefinition:
- Der Begriff Insolvenzverfahren ist der Überbegriff für Konkurs- und auch Sanierungsverfahren.
- Konkurs ist ein gerichtliches Verfahren der kostensparenden Vermögensverwertung zahlungsunfähiger Schuldner.
Zu unterscheiden ist zwischen Personengesellschaften und Einzelnunternehmen auf der einen und Kapitalgesellschaften auf der andererne Seite:
- Von Überschuldung spricht man in erster Linie bei Kapitalgesellschaften, also GmbH und GmbH & Co KG.
- Wenn ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft (KG, OG) überschuldet ist, haften dort der Unternehmer oder die Gesellschafter persönlich mit ihrem gesamten (Privat)Vermögen. Daher spricht man – solange dieses positiv ist – noch nicht von einer Überschuldung.
Was ist bei Insolvenz zu tun?
Als UnternehmerIn ist man verpflichtet, ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit innerhalb von 60 Tagen ein Insolvenzverfahren beim zuständigen Landesgericht (In Wien: Handelsgericht) einzubringen – es sei denn, es gibt eine plausible Fortbestandsprognose (auch Fortführungsprognose).
Der Antrag muss von einer vertretungsbefugten Person gestellt werden:
- bei einer KG oder OG von dem/der unbeschränkt haftenden GesellschafterIn,
- bei einer GmbH von dem/der GeschäftsführerIn.
ACHTUNG: Insolvenzrecht ist sehr komplex und streng. Es ist ratsam, im Fall des Falles auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Als GeschäftsführerIn bzw. GesellschafterIn haften Sie persönlich!
Fortführungsprognose
Ein Ausweg, um bei Überschuldung nicht sofort den Insolvenzantrag stellen zu müssen, ist eine positive Fortführungsprognose. Ist diese Fortführungsprognose plausibel, kann ein Antrag auf Insolvenzeröffnung abgewendet werden.
Diese Fortführungsprognose muss realistisch sein. Traumziffern, Wunschvorstellungen, Hoffnung auf bessere Zeiten haben hier keinen Platz, ebenso wenig aber auch zu pessimistische Aussichten. Lassen Sie sich bei der Erstellung von Ihrem Steuerberater bzw. Ihrer Steuerberaterin unterstützen! Dokumentieren Sie alle Annahmen und Schritte zu Ihrer Sicherheit.
ACHTUNG: Hat das Unternehmen Gesellschafter, sollte Sie als GeschäftsführerIn die Fortführungsprognose unbedingt mit diesen besprechen! Lassen Sie sich allenfalls eine Weisung der Gesellschafter geben.
Insolvenz bei e.U. / Einzelunternehmen
Tritt Zahlungsunfähigkeit ein, hat der/die UnternehmerIn nach gründlicher Abwägung einen Insolvenzantrag zu stellen, sofern er/sie keine Finanzspritze erwarten kann – z.B. von seiner/ihrer eigenen Seite selbst oder durch Verwandte und Lebenspartner.
ACHTUNG: Auch bei einer Zahlungsstockung ist Vorsicht geboten. Zahlungsstockung bedeutet, dass Sie als UnternehmerIn aktuell zwar nicht liquide sind, in absehbarer Zeit die offenen Schulden aber begleichen können.
Eine Zahlungsstockung ist kein dauerhafter Zustand, dennoch sollten Sie, wie oben schon beschrieben, sehr geplant vorgehen, damit die Stockung nicht zu einer Zahlungsunfähigkeit führt.
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Insolvenz bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG)
Auch bei Kapitalgesellschaften besteht bei Zahlungsunfähigkeit die Verpflichtung zu einem Insolvenzantrag. Und auch wenn Überschuldung vorliegt, ist binnen 60 Tagen der Antrag zu stellen.
Zur Erinnerung: Überschuldung ist in der Regel gegeben, wenn zu einem bestimmten Stichtag das Eigenkapital negativ ist bzw. wenn die Schulden die Vermögenswerte übersteigen, das heißt das eingezahlte Stammkapital (bzw. Eigenkapital inkl. Gewinn/Verlustvorträge) niedriger ist als die akkumulierten Verluste.
- Überschuldung kann zu einem Bilanzstichtag aber auch im laufenden Geschäftsjahr festgestellt werden.
- Der Antrag ist übrigens spätestens 60 Tage nach Erkennen der Überschuldung beim Firmenbuchgericht zu stellen.
ACHTUNG: Weisungen der Gesellschafter an die Geschäftsführung, (noch) keinen Insolvenzantrag zu stellen, sind mit Vorsicht zu behandeln, denn sie entlasten den/die GeschäftsführerIn nicht von der persönlichen Haftung!
Deswegen dokumentieren, dokumentieren, dokumentieren! Fertigen Sie nach allen Besprechungen und Überlegungen ein Gedächtsnisprotokoll an und sammeln Sie diesbezügliche E-Mails. Ein Timetable, was zeitlich passiert ist und welche konkreten Aktionen getroffen wurden, ist ebenfalls sinnvoll.
Empfehlung
Gehen Sie nicht auf Tauchstation, wenn es in der Kasse knapp wird, sondern suchen Sie das Gespräch mit den Lieferanten, der Bank, den Gesellschaftern (bei Kapitalgesellschaften) und weiteren Darlehensgebern und ersuchen Sie um Fristverlängerung bei den Zahlungen. Eine Vogel-Strauß-Politik verärgert die Lieferanten viel mehr als eine offene Kommunikation.
Ausnahmeregelungen auf Grund von Corona
Die Corona-Krise hat den Gesetzgeber veranlasst, auch im Insolvenzrecht Anpassungen vorzunehmen, die den negativen Auswirkungen entgegenwirken sollen.
- Tritt eine Überschuldung im Zeitraum vom 1. März bis 31. Oktober 2020 ein, so besteht keine Verpflichtung (jedoch weiterhin die Möglichkeit) des Schuldners, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Trat die Überschuldung vorher ein, so bleibt die Antragspflicht aufrecht.
- Ist der Schuldner bei Ablauf des 31. Oktober 2020 überschuldet, so hat er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf des 31. Oktober 2020 oder 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung, je nachdem welcher Zeitraum später endet, zu beantragen.
- ACHTUNG: Bei Zahlungsunfähigkeit besteht unverändert eine Antragspflicht.
Prüfen Sie daher, ob eine Corona-bedingte Liquiditätstockung oder Überschuldung als Insolvenzgrund zu sehen ist und sprechen Sie mit dem Rechtsanwalt oder der Rechtsanwältin Ihres Vertrauens über Folgewirkungen.
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