So geht selbständig.

Wenn man emigriert, kommt man in der neuen Heimat rasch mit der Community aus seinem Herkunftsland in Kontakt. Das war bei mir nicht anders. Nachdem ich nach Wien kam, hatte ich bald Kontakte zu andern Nigerianern und vor allem auch Nigerianerinnen. Zu meinem Entsetzen habe ich erfahren, dass viele von ihnen sich prostituieren mussten, um überleben zu können. Das hat mich so aufgewühlt, dass ich dagegen etwas unternehmen wollte. Also habe ich begonnen, mich sozial zu engagieren.

Daraus ist ein größeres Projekt geworden: 2006 habe ich einen Verein gegründet, der einerseits Frauen aus Nigeria bei Problemen mit Behörden und der Polizei betreut, Therapien anbietet und sich andererseits um Aufklärungsarbeit zum Thema Menschenhandel kümmert. Menschenhandel spielt in viele Bereiche unseres Alltags hinein, ohne dass es den meisten Menschen bewusst ist.

Unternehmertum statt Sozialarbeit

Bald habe ich festgestellt, dass Sozialarbeit alleine das Problem mit dem Menschenhandel nicht lösen und die Ausbeutung sozialer Missverhältnisse nicht abschaffen kann. Mir wurde klar: Man muss die Frauen wirtschaftlich auf eigene Beine stellen, um sie aus ihren Abhängigkeiten zu befreien. Der Schlüssel dazu liegt, wie bei allen sozialen Problemen, in der materiellen Unabhängigkeit, also muss mehr von der Wertschöpfung bei den Produzentinnen ankommen.

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Megamarkt Mode

In Nigeria habe ich im Modebusiness gearbeitet. Ich hatte in Lagos eine eigene Boutique, hatte Erfahrung mit Eventmarketing und habe Filme ausgestattet. In Lagos gibt es – neben der nach Hollywood zweitproduktivsten Filmindustrie – auch einen riesigen Bekleidungssektor, der allerdings zunehmend von chinesischen Firmen dominiert wird. Mit fast 200 Millionen Einwohnern, 15 davon allein in Lagos, ist Nigeria ein verlockender Markt für Konzerne. Ich würde, hätte ich nicht meine Familie in Österreich, sofort wieder nach Nigeria ziehen: Man kann wirklich viel Geld verdienen.

Aber die Mehrheit der Nigerianerinnen hat gar nichts davon, die schuften für einen Hungerlohn, der große Profit bleibt bei den unzähligen Zwischenhändlern hängen. Also habe ich nach einem Weg gesucht, diese zu umgehen.

Vom Hersteller direkt zum Endverbraucher

2012 haben wir im Verein damit begonnen, von den Frauen Schmuck designen und herstellen zu lassen. 2014 habe ich dann die Firma Joadre gegründet, um die Sache auf professionelle Beine zu stellen. Die Idee dahinter ist, dass wir den Menschen in den von Menschenhandel betroffenen Herkunftsländern die Möglichkeit geben, für den globalen Markt zu produzieren.

Unser Schwerpunkt liegt momentan auf Taschen, die in Nigeria produziert und in Österreich verkauft werden. Einerseits natürlich über unseren Webshop, aber auch im Einzelhandel, wie etwa bei ECO (Ethically Correct Outfits) in Linz, ArtUp am Bauernmarkt in Wien und s'Fachl, eine Kette von innovativen Concept Stores, die gegen angemessene Kosten Verkaufsfläche und sämtlichen Service bereitstellt.

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Eine App für ein skalierbares Modell

Jetzt sind wir allerdings an einem Punkt angelangt, wo ich mehr will! Das Ziel ist: Die großen Ketten sollen uns nicht mehr ignorieren können. Wir arbeiten an einer Plattform zu schaffen, mit der wir unser Modell an jedem Ort der Welt, an dem Menschenhandel ein Thema ist, replizieren können.

Dazu haben wir eine App entwickelt, mit deren Hilfe die Produzentinnen und Produzenten ihre Produkte unkompliziert anbieten und die Kunden diese sofort kaufen können. Das ganze schaut aus wie Instagram, die soziale Foto-App, mit der sich Menschen weltweit austauschen. Klingt ganz einfach, aber die Entwicklung der Logistik für Zahlung und Liefermodalitäten war dann doch recht kompliziert und kostenintensiv.

Finanzierung durch Wirtschaftsagentur, Investoren und Crowdfunding

Die App HubCouture (für Apple und Android) ist nun fertig, im Frühjahr 2017 promoten wir sie in Nigeria. Dutzende kleine unabhängige Schneidereien sind schon dabei: Über die App können Sie jetzt direkt mit ihren Kunden in Kontakt treten. Im Lauf des Jahres wird die App dann auch in Europa promotet.

Bei der Finanzierung hat uns die Wiener Wirtschaftsagentur sehr geholfen: Sie hat die Entwicklung der App substanziell unterstützt. 2014 habe ich „Joadre” in der Puls4 Show „2 Minuten, 2 Millionen” vorgestellt. Die vier Männer der Jury stellten jeweils 20.000 Euro Kapital zur Verfügung – die zwei Frauen origineller Weise nicht. Fast noch einmal so viel haben wir über die Crowd Investing Plattform „Conda” von 81 Kleininvestoren lukriert.

Mehr Wertschöpfung am Ursprungsort

Mittlerweile haben wir in Nigeria einen eigenen Produktionsstandort, dazu etliche unabhängige kleine Lieferanten. Die Arbeitskosten dort sind natürlich deutlich geringer – etwa ein Achthundertstel (?) – sodass wir ohne Zwischenhändler unverhältnismäßig mehr Wertschöpfung im Ursprungsort lukrieren können. Der Firmensitz ist und bleibt aber in Wien – auch wenn auf dem Briefkopf „Joadre – Austria-Nigeria“ steht, denn das ist ja unsere Identität.

Als nächstes Land steht Südafrika auf dem Programm. Wir machen gerade Online-Workshops, in denen wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter anderem zeigen, wie man Produkte für die neue App am besten fotografiert. Und wenn unsere Initiative gegen den Menschenhandel in Afrika mal läuft, können wir uns dann um Europa kümmern, denn im so genannten Ostblock schaut es auch nicht gerade rosig aus.

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